Nachhaltiger Schulbau in Guatemala

Bei ihrer Guatemala-Reise im Sommer diesen Jahres haben Maja Eich und Julia Kröll viel über den Schulbau mit Bambus und die Verarbeitung des hochwachsenden Grases gelernt. In Ihrem nachfolgenden Bericht geben Sie uns einen schönen Einblick in Ihre Erlebnisse.

Bambus - Die Zukunft des Schulbaus

Bereits seit über 11 Jahren setzt das von Luis Palacios gegründete Unternehmen Arquitlan vermehrt auf den lokal angebauten umweltfreundlicheren Bambus. Für die von den Vereinen Esperanza, Oyak und Freundeskreis Guatemala geförderten Schulbauprojekte handelt es sich hierbei inzwischen sogar um das bevorzugte Baumaterial.

Mit bis zu 40 cm pro Tag wächst Bambus schneller als andere Bäume und nimmt somit erstens 40% mehr CO2 auf und ist zweitens in unter 10 Jahren fertig gereift. Damit stellt Bambus eine nachhaltige, sich schnell erholende Alternative zu Beton oder dem gängigen Holz dar. In Guatemala wird der Bambusbau unter der Leitung der Familie Palacios gefördert.

Dies und vieles mehr haben wir in Gesprächen mit den Architekten Luis Palacios und seinem Sohn Estuardo gelernt.

Von der Plantage in die Schulen

Obwohl der Bambus bereits nach 2-5 Jahren mit bis zu 40 m in der Höhe ausgewachsen ist, dauert es ca. 7 Jahre bis er verholzt und auch dick genug ist, um für den Bau nützlich zu sein. In dieser Zeit werden für den Anbau weder Pestizide, Dünger noch künstliche Bewässerung benötigt, da der Bambus ein wahrer Überlebenskünstler ist. Seine bestimmte Art von flachen Wurzeln, das Rhizom, festigt den Boden und führt zu neuen Triebspitzen, sodass beim Abholzen eines Halms nicht die ganze Pflanze abstirbt.

Nach dem Schneiden auf der Plantage wird der Bambus mit Lastwagen zur Weiterverarbeitung in die Werkstatt transportiert. Dort wird er zum Trocknen tipi-artig unter einem Dach aufgestellt und anschließend für mehrere Tage in eine Borax-Lösung eingelegt, um Schädlinge und Pilze abzutöten. Nun ist der Bambus bereit für den Verkauf oder den Bau, wo er gekürzt und zugeschnitten wird.

Dieser Prozess wurde uns vor Ort auf der Bambus-Plantage der Familie Palacios erklärt. Die Plantage wurde 2015 erworben, als einer der wenigen lokalen Produzenten sein Gewerbe aufgab. Eine eigene Werkstatt ist inzwischen auf dem Grundstück der Familie Palacios in Bau (natürlich aus Bambus), um zusätzliche Wege und Abgaben an große Firmen für die Weiterverarbeitung zu vermeiden.

Insgesamt beträgt der Ertrag dieser Plantage 2-3 LKW á 300 Bambushalme per Jahr der Art bambus dendrocalamus asper. Diese werden zu 50% bei dem Bau von Schulen verwendet, die andere Hälfte ergibt sich aus bestimmten Bambustypen aus Kolumbien.

Bauen mit Bambus

Heutzutage wird auf der Welt noch nicht viel mit Bambus gebaut, da es zum Teil als Material der Armen angesehen wird oder in Teilen noch zu wenig erforscht ist.

Bei den Bambusanbauten der Schulen, bisher ausschließlich 2. Stockwerke und Hallen, hat man sich für ein bereits erprobtes Konzept entschieden: Die einzelnen Bambusrohre werden stabil angeordnet, vergleichbar mit einem Fachwerkhaus, perfekt zugeschnitten und mit Schrauben befestigt. Für zusätzliche Sicherheit werden die Halme unten mehrere Zentimeter mit Beton gefüllt.

Für geschlossene Räume werden die Bambus-Baukonstruktionen durch ein Füllmaterial aus einem Gemisch ergänzt, das unter anderem aus Lehm und Stroh besteht und durch Farbe zusätzlich vor Abtragung geschützt wird. An seinem Haus hat Luis Palacios dieses Innenleben zu Demonstrations- und Lehrzwecken freigelegt.

Zudem gibt es noch weitere Ideen wie Bambus als Baumaterial genutzt werden könnte, beispielsweise als Bestandteil von Beton. Da jedoch weltweit Bambusbauten noch nicht allzu stark vertreten sind, sind noch zahlreiche Versuche und Studien notwendig um die Auswirkung von Regen, Hitze und Vibration zu untersuchen. Langzeitbeobachtungen werden generell erst in einigen Jahren möglich sein.

Vor- und Nachteile

Ähnlich wie bei Betonbauten erwartet man, dass die Baukonstruktionen 50 Jahre und länger halten. Unter anderem die längs angeordneten Bambusfasern sorgen hierbei für eine vorteilhafte Elastizität und Belastbarkeit, welche vor allem in den erdbebenreichen Regionen für langlebige Stabilität sorgt.

Auch der Anbau des Bambus hat einige Vorteile. Das flache Wurzelsystem bewirkt eine geringe Erosion des Bodens, wodurch selbst die inzwischen gängige Monokultur vorteilhaft für die Natur ist. Die Menge an aufgenommenem CO2 und freigesetztem Sauerstoff ist deutlich größer als bei anderen natürlichen Rohstoffen und aufgrund der nachgelagerten chemischen Behandlung müssen zudem keinerlei Pestizide oder Dünger in das Ökosystem eingebracht werden.

Schwierigkeiten stellen der Mangel an Langzeitstudien und die fehlende Uniformität dar: Da Bambus ein Naturprodukt ist und somit keinen Normen entspricht, ist jedes Rohr verschieden dick und groß. Die statische Berechnung ist dementsprechend sehr kompliziert und die maschinelle Ausrüstung schwer herzustellen. Bereits vorhandene Baumaschinen sind nicht adaptiert, sodass Bambus insgesamt noch nicht effektiv industriell verarbeitet werden kann. Außerdem fehlen für eine flächendeckende Nutzung des Bambus Arbeiter, die den Bau mit Bambus beherrschen und andere anlernen können. Diese sollen in Zukunft u.a. in der Werkstatt am Wohnhaus der Palacios ausgebildet werden.

Bambus in Permakultur

Bambus schafft nicht nur Raum für Bildung für die Kinder der Region Sololá und Umgebung, indem es als Klassenzimmer fungiert. Bambus ist Teil des Projekts der Permakultur. So wird Bambus auch in Form von Hochbeeten genutzt, um Wissen über ideale Pflanzen und deren Anbau, wie beispielsweise den Anbau von verschiedenen Nahrungsmitteln, den Schülern nahezubringen. Zusätzlich werden Reste der Bambusrohre nachhaltig genutzt indem sie in Spielzeuge wie Domino-Steine, Bambus-Marienkäfer oder Blumentöpfe umgewandelt werden.

Schlussfolgerung

Insgesamt handelt es sich beim Bambus um ein vielversprechendes und zukunftsreiches Baumaterial in Lateinamerika. Durch seine negative CO2-Bilanz und den lokalen Anbau lohnt es sich, in die Förderung des Schulbaus mit Bambus und die Forschung an weiteren Bambus-Einsatzmöglichkeiten weiter zu investieren.

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